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Entwicklung der Geschlechterrollen

des späten 20. Jahrhunderts und wie sich das 21. Jahrhundert in der werblichen Kommunikation diversifiziert.

aus weiblicher, männlicher und diverser Sichtweise

Introduktion

In diesem Essay werden Geschlechterrollen in der werblichen Kommunikation analysiert, um Lehren für die Gestaltung in der Zukunft daraus ziehen zu können. Mit dem bewussten Hinterfragen der Geschlechterrollen, welche vor allem von der Emanzipationsbewegung (in Englisch women's emancipation) der Frauen im 20. Jahrhundert vorangetrieben wurde, begann eine zuerst schleichende Veränderung. Frauen strebten nach Gleichberechtigung und all den Rechten, die Männer schon immer traditionell genossen haben. Durch diese zunehmende Emanzipation und den daraus resultierenden Umbruch gewinnt dieses Thema global immer mehr an Bedeutung. Wie Unternehmen darauf reagiert haben, welchen Einfluss Werbung auf das Frauen- und Männerbild in der westlichen Gesellschaft haben und wie Werbung heute zu einer Diversifizierung der Geschlechter und ihrer Sexualität beitragen kann, sind wesentliche Bestandteile dieses Essays.

Die visuelle Kommunikation hat hierbei schon immer eine entscheidende Rolle gespielt. Sie beeinflusst Stereotypen und manifestiert die Geschlechterrollen. Es sind Bilder, denen Menschen im Alltag begegnen, die die Geschlechterrollen von Frau und Mann und deren Schönheitsideal prägen.

Das Erzielen eines höheren Stellenwertes in der Gesellschaft ist bei Mann und Frau durchaus unterschiedlich. Was bei der Frau ‘Schönheit’ ist, ist beim Mann ‘Macht und/oder Reichtum’(Barthel 1988 p.87) Nicht verwunderlich also, dass schon Karl Marx schrieb. “in the world of commodities with the products of men’s hands.” (p.3) Diese Klischees sind durch jegliche Art der visuellen Kommunikation tief verankert und prägten das Bild der Geschlechterrollen über Jahrhunderte.

Dabei nahm die Kunst eine wichtige Rolle ein. Mit Aufkommen der Fotografie und anderen neuen Medien, bis hin zur Werbung, wurde dieses Ideal meist nur übertragen und dem Schönheitsideal zur Epoche angepasst. Jegliche visuelle Einflüsse aus der Religion, Kultur, Pornografie und Werbung spielen hierbei eine wichtige Rolle, sie prägen das Rollenbild der Geschlechter.

Designer, die in der visuellen Kommunikation mit Geschlechterrollen konfrontiert werden, sollten sich nicht von Klischees und veralteten Rollenbildern leiten lassen. Im Gegenteil, der Designer hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie sich zukünftige Sichtweisen gestalten.

“in the world of commodities with the products of men’s hands.”

Karl Marx

Werbung des späten 20. Jahrhunderts

Geschlechterrollen sind mit dem ständigen Wandel unserer Gesellschaft verbunden. Werbung verstärkt mit Hilfe von Bildern die jeweiligen Grundströmungen und zeigt Muster für typisches und zeitgemäßes Verhalten. Sie greift auf Männer- und Frauendarstellungen zurück, die den traditionellen Rollen der jeweiligen Zeit entsprechen und sich während der Jahrzehnte verändern und weiterentwickeln.

In der kapitalistischen Nachkriegszeit um 1960 spielte Werbung eine wichtige Rolle, sie prägte Trends und festigte Stereotypen und Geschlechterrollen. So waren Männer die Familienoberhäupter, Produktexperten oder einfach bekannte Sympathieträger. Ursprünglich war der Mann der Familienernährer. Er war der Hausherr, der seiner Frau bei der Hausarbeit zu sah, sie aber nicht aktiv unterstützte. Er traf alle Entscheidungen allein und als kompetenter Fachmann entschied er auch, welche Produkte gekauft und wie sie angewendet wurden.

Die Rechte des Mannes waren zu dieser Zeit kulturell, wirtschaftlich und politisch deutlich höher angesiedelt als die des weiblichen Geschlechtes. So kam es, daß die populären Medien nicht nur einen großen Einfluss hatten, sondern auch die Macht über das Bild des Konsumenten oft in männlicher Hand lag. Sogar die Hintergrundstimme in Werbespots war von einer männlichen Dominanz geprägt. Dies trug dazu bei, ein Frauenbild zu verbreiten, das fernab von jeglicher Realität war. Die Frau im Zusammenhang mit Küche oder im Schlafzimmer war allgegenwärtig.

In dem Buch ‘Looking on: Images of Feminity in the visual arts and media’ von 1989 war man sich einig, dass Stereotypen in der Werbung wie “Some day you`ll settle don with a nice, sensible girl, a nice, sensible house and a nice, sensible family saloon. Some day.” (MG Sports cars 1979) oder “If you’d like your wife to act more like a mistress, start treating her like one.” (De Beers diamonds 1980) nicht korrekt sein (p19).

Geschlechterstereotypen und die Unterordnung von Frauen schienen selbstverständlich. Diese ungleichen Machtverhältnisse führten dazu, dass Sexismus, das Rollenbild des starken Mannes und die gehorsame Frau in der Werbung widergespiegelt wurden. Die Geschlechterrollen waren dahingehend also klar definiert. Beispiele hierfür sind Kampagnen wie die des Männer Modehauses Van Heusen, die Werbung von Leggs und der Kaffee Herster Chase & Sanborn.

Männer hingegen verkörperten auch in der Werbung das ‘starke Geschlecht’. Ein Beispiel hierfür ist die Werbung der Zigarettenmarke Rothmans. Zu sehen ist eine makellose Hand eines Mannes im Anzug, der die ‘King Size’ Zigaretten anbietet. In dieser Werbung sehen wir also den Stereotype des Mächtigen, der sich natürlich nicht mit irgendeiner Zigarettenmarke schmückt. Als echter Gentleman raucht er natürlich King Size von Rothmans. Die Botschaft und das Rollenbild ist hierbei eindeutig.

Da die Gesellschaft nicht wusste, wie sie mit solch einer Werbung umgehen sollte, wurde sie belächelt oder einfach hingenommen, bis Feministinnen die Medien aufforderten, die Komplexität der wahren Weiblichkeit in den Vordergrund zu rücken. Frauen wollten ihr Bild in der Gesellschaft nicht mehr länger so hinnehmen.

Im 2001 erschienenen Buch ‘Advertising and Consumer Citizenship' wird suggeriert, dass “Framed by advertising, these interpretative maneuvers reconsolidate the status and rights of the (white, male, heterosexual, middle-class) 'individual'.” (p.105) Was darauf hindeutet, dass der Interpretationsspielraum gezielt genutzt wurde, um ein einseitiges Bild der Frau zu etablieren.

Tatsächlich hat sich dann zwischen 1980 und 1990 das Rollenbild der Frau in der Werbung verändert. Ausschlaggebend hierfür war allerdings nicht der Feminismus. Auch die Werbeindustrie hatte kein Interesse, die Frau in ihrer eigentlichen Weiblichkeit mit ihren Stärken zu zeigen. Vielmehr ging es darum, dass ein neuer Markt erkannt wurde und die Frau in der Werbung noch viel nützlicher sein konnte, als hinter dem Herd und im Schlafzimmer.

Fakt ist, dass in der Zeit vor 1990 der Anteil von Frauen in Führungspositionen zwar zunahm, allerdings immer noch gering war, bevor er sich bei rund 40 % einpendelte und seitdem stagniert. 2022 liegt dieser im Vereinigten Königreich laut einer CMI Studie bei 41% . Somit muss betont werden, dass Werbung im 20. Jahrhundert meist von männlicher Entscheidungskraft geprägt war.

Auch in der Mode wurde das Rollenbild von Männern geprägt. Frauen sollten für den Mann schön sein. Auch hier gab es durchaus sexistische Werbung und die Rollenbilder in der Mode waren zu dieser Zeit besonders stereotypisiert, so wurde die Frau kreativ und der Mann natürlich und neutral dargestellt. Diese Unterscheidung spiegelt sich bis heute in der Farbgebung der Produkte der Modeindustrie wider.

Rollenbilder und Stereotypen in der Werbung heute und in Zukunft “femvertising” and “dadvertising”

Wer glaubt, heute sei alles anders, liegt falsch. Ergebnisse der Forschung zeigen, dass die stereotypisierten Rollenbilder in der Werbung immer noch weit verbreitet sind. Sie führen somit zu einer Einschränkung der Lebensqualität, auch wenn es Studien zufolge von Zeit zu Zeit weniger werden. Sexistische Motive wie in haben im Laufe der Zeit ebenfalls deutlich abgenommen und sind nur noch selten in der Werbelandschaft zu sehen. Allerdings besteht eine Verzerrung der Wirklichkeit schon darin, dass das Durchschnittsalter der Gesellschaft höher ist als das in der Werbung. (Eirini, 2020)

Auf die Frage, inwieweit die Werbung Rollenbilder widerspiegelt oder beeinflusst, konnten laut dem Journal:’ A meta-analysis of roles in advertising’ von 2010, Studien bis heute keine stichfesten Erkenntnisse liefern. Beide Theorien finden in der Literatur ihre Befürworter. Die Analyse von Eisend unterstützt jedoch, dass die Werbung in der Vergangenheit weibliche Stereotypen und Rollen in der Gesellschaft eher widergespiegelt hat. Festzuhalten ist nach dieser Analyse allerdings auch, dass die Merkmale der Darstellung von Frauen in der Werbung tendenziell hinter den heutigen Rollen von Frauen in der Gesellschaft zurückbleiben. Die Antwort auf die Frage des ‘mirror- Arguments’ oder des ‘mold- Arguments’ (Eirini 2020 p.31; Knoll, S. Eisend, M. 2009 p. 421) , wie sie gerne genannt werden, liegt in Wahrheit wohl irgendwo dazwischen. Die Werbung als ‘visuelles Repräsentationssystem’ widerspiegelt und formt Trends, schlägt Lebensstile und ‘Formen der Selbstdarstellung’ vor. Die meisten Werbekampagnen berufen sich dabei auf die Geschlechtsidentität, sie bedienen sich dabei hauptsächlich an den Stereotypen von Männlichkeit und Weiblichkeit. (p.419-422)

In dem Reeding aus Woche 9 ‘The Role of Stereotypes’ schrieb Richard Dyer - “The position behind all these considerations is that it is not stereotypes, as an aspect of human thought and representation, that are wrong, but who controls and defines them, what interests they serve.” Diese Aussage zeigt die Komplexität des Themas und dass Stereotypen nicht grundsätzlich negativ zu deuten sind. Was allerdings diese zwei eigentlich neutralen Begriffe Stereotypen und Rollenbilder in ein negatives Licht rücken lässt ist, dass Stereotypen oft komplexe Situationen mit dem Glauben an die absolute Richtigkeit und Sicherheit einer bestimmten Ordnung verbindet. Ein weiteres Problem laut Berger and Luckmann put it, 'he who has the bigger stick has the better chance of imposing his definitions of reality” (1967: 127) ist, dass die stärksten Gruppierungen aus der jeweiligen Zeit die Entscheidungshoheit besitzen,Stereotypen festzulegen.

Diese oft sehr vereinfacht dargestellten Stereotypen werden im Beispiel der ‘dummen Blondine' oder 'schwachen Frau’ fälschlich und diskriminierend dargestellt. Gesellt sich jetzt noch ein ‘Banker mit Sportwagen' hinzu, entsteht ein Rollenbild auf der Basis zweierlei Stereotypen, die durch Werbung noch untermauert werden können. Zu sehen ist diese durchaus frauenverachtende Werbung beim italienischen Modeherstellers DOLCE & GABBANA 2006. Eine wehrlose Frau umringt von starken Männern. Das Motiv kommt dabei einer Vergewaltigungsszene sehr nahe. (Süddeutsche Zeitung)

In letzter Zeit scheint sich allerdings das Rollenbild in der Werbung wieder etwas zu verändern, Frauen werden immer häufiger in Bereichen abgebildet, die vor nicht allzu langer Zeit klar von Männern dominiert wurden. So werden heute zum Beispiel Frauen bei der Feuerwehr oder Polizei als starke Icons verwendet und allgemein selbstbewusster und selbstbestimmter dargestellt. Der Mann nimmt durchaus auch mal von seiner Rolle als ‘Familienoberhaupt’ Abstand und ist immer häufiger im Haushalt zu sehen. Somit ist die Emanzipation der Frau in der Werbung deutlich sichtbarer als die Veränderung beim Mann. Laut dem Journal von Eirini Tsichla ‘The Changing Roles of Gender in Advertising: Past, Present, and Future’ ist davon auszugehen, je weiter das Rollenbild vom Ziel der Gleichberechtigung entfernt ist, desto geprägter ist es von Stereotypen. Geschlechterstereotype sind Überzeugungen, dass bestimmte Eigenschaften Frauen und Männer unterscheiden.

Diese Veränderung des gesellschaftlichen Zieles zu mehr Gleichberechtigung spiegelt mehrheitlich die Meinung der Gesellschaft in der westlichen Welt wieder. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies zur Motivation der Unternehmen eine Kursveränderung vorzunehmen, beigetragen hat. Hierbei haben sich zwei Begriffe etabliert, ‘femvertising’ und ‘dadvertising’, die beide Veränderungen in der visuellen Kommunikation darstellen. (Eirini p.30-32)

Femvertising: Beschreibt die Stärkung der Frau in der Werbung. Dabei werden weibliche Talente gefördert und Bilder und Botschaften ausgestrahlt, die Frauen und Mädchen in der Öffentlichkeit stärken. Der Begriff wurde das erste Mal 2004 von dem Werbeunternehmen SheKnows Media mit der “Real Beauty"- Kampagne von Dove geprägt (figure.10). Diese ging damals in der westlichen Welt viral und führte zur Stärkung der Frau und bewegte die Gesellschaft zum Nachdenken. ((online)fluxtrends)

Dadvertising: Hierbei ist das Ziel, das Männerbild von morgen zu zeigen. In den USA wird die neue Zielgruppe der ‘Superdaddys’ bereits seit längerem aufwändig umworben. In Werbeclips werden Männer einerseits als liebevolle Väter, andererseits als Manager und Retter im familiären Alltag, sowie im alltäglichen Haushalt dargestellt. Es beschreibt einen Trend, in dem immer mehr Männer in den eigentlich typischen Bereich der Frauen eingreifen. ((online) zukunftsinstitut)

Auch wenn der Trend zu mehr Gleichberechtigung tendiert und sich die Stereotypen und Rollenbilder deutlich offener gestalten als noch vor ein paar Jahren, gibt es immer wieder Werbekampagnen, die in die altbekannten Muster zurückfallen oder sogar im Sexismus enden. Ein Beispiel hierfür ist die Werbekampagne des deutschen Elektronik Fachmarktes Media Markt. Das Motto der Marke ist laut dem Online Magazin W&V ‘Auffallen um jeden Preis’ (trans. Veit). Dabei wird eine hitzige Debatte um das Motiv mit einkalkuliert. Die Kampagne erschien am Weltmännertag 3. November 2018. Die Motivserie #Männertage (trans. Veit) und der Slogan des deutschen TV Promis Sophia Thomalla: “ An diesen Tagen streichelt er alles, was Knöpfe hat” (trans. Veit) wurde von der Münchner Agentur ‘zum roten Hirschen’ umgesetzt. Anders als noch im 20. Jahrhundert, lösen solche Kampagnen heute jedoch einen Skandal aus.

Ein weiteres Beispiel, das mit den gleichen sexistischen Waffen der Aufmerksamkeitsgewinnung spielt, ist die Kampagne von Burger King aus dem Jahre 2014. Besonders brisant damals: Das Foto einer Frau mit offenem Mund war ein Stockfoto und die abgebildete Dame wusste nicht, dass ihr Bild für diese Kampagne verwendet wird. Anders als im ersten Beispiel, das zwar kontrovers diskutiert wurde, allerdings als Zitat nicht angreifbar war, löste diese Kampagne von Burger King einen regelrechten Shitstorm aus. (The Lovepost, 2018)

Bei Rollenbilder gibt es auch heute noch zahlreiche werbliche Abbildungen, die uns auf den ersten Blick gar nicht weiter auffallen würden. Wir haben uns schlichtweg an die Rollen der Geschlechter gewöhnt. So ist die Kampagne von Billabong aus dem Jahre 2017 mit Sicherheit nicht ungewöhnlich und könnte sich unauffällig in das Regal der heutigen Werbebilder einordnen. Bei näherer Betrachtung sind hier jedoch die gleichen Geschlechterrollen zu sehen, die von klein auf visuell eingetrichtert werden. Der Mann, ein starker Surfer, der die größten Wellen bändigt und eine schöne Frau, die sich am Strand in der Sonne räkelt.

Während bei der Einordnung von Kampagnen immer ein gewisser Ermessensspielraum besteht, herrscht beim unbewussten Einfluss von Werbung hingegen Klarheit. Visuelle Bilder beeinflussen unsere Meinung auf Produkte, Situationen und auch Rollenbilder. Im online Artikel der Zeitung WELT ‘Die heimliche Macht des Unbewussten' (2009, trans. Veit) ist die Rede davon, dass 99 Prozent unseres Handelns unbewusst ausgeführt wird. Somit besteht durchaus ein Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung einer Werbung und dem Verhalten, das daraus folgt, auch wenn wir auf den ersten Blick den Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Handlung gar nicht verstehen. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass abgebildete Geschlechterstereotypisierung auch negative Folgen für den Betrachter haben kann. Besonders bei Frauen kann es die Lebenschancen einschränken oder durch die Stereotypisierung des Körpers unbewusste Unzufriedenheit im Bezug auf den eigenen Körper entstehen. Das Rollenverhältnis kann zu eingeschränkten Möglichkeiten führen. Ein Beispiel hierfür ist, wenn in der werblichen Kommunikation das Bild der überforderten Mutter gezeigt wird. Dies kann den möglichen Arbeitgeber unbewusst abschrecken, eine Frau einzustellen. Umso wichtiger ist es, dass diese alten Bilder durchbrochen werden und eine neue aufgeschlossene Kommunikation entsteht.

Meine eigene Arbeit und das Durchbrechen von ‘veralteten’ Rollenbildern.

Wie schon auf Seite 11 erwähnt, findet langsam ein Wandel bei der Stereotypisierung von Rollenbildern statt. Dabei hat die Werbung die gesellschaftliche Veränderung wahrgenommen und darauf reagiert. Diese Veränderung der Rollenbilder sollte sich in Zukunft weiter in die Köpfe der Konsumenten und somit in die Köpfe der Gesellschaft bewusst und unbewusst verankern, solange der eingeschlagene Weg fortgeführt wird.

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass die objektbezogene Darstellung ein Minderwertigkeitsgefühl auslösen kann und zu einer grundlegenden Unzufriedenheit in Bezug auf den eigenen Körper entstehen kann. Beispiele hierfür sind bei Männern trainierte Körper und bei Frauen straffe Haut. Diese Unzufriedenheit über den eigenen Körper macht selbst vor dem Intimbereich nicht halt. Studien zufolge ist ein Großteil aller Frauen mit dem Aussehen des eigenen Geschlechtes nicht zufrieden. Hierbei habe ich während des Semesters für ein weiblich geführtes Designbüro, das sich mit Sexualität beschäftigt, eine Illustration entwickelt, die verschiedene Formen der weiblichen Vulva als Blüten oder Frucht in der Natur darstellt. (Abbildung 1-2) Mit Geschlechtern in Kunst und Werbung setze ich mich seit ca. 2 Jahren auseinander. Hierbei war es mir jedoch das erste Mal möglich, mein Design der offenen Sexualität kommerziell als Verpackungsdesign zu verwenden. (Abbildung 3–5) zeigt weitere Motive, die ich wiederkehrend angefertigt habe.

Integration sexueller Diversität in der Werbung

Zwangsläufig stellt sich die Frage, warum es zwar eine Veränderung der Geschlechterrollen gibt, dies jedoch nur wenig Auswirkungen auf die sexuelle Vielfalt und Diversität in der Werbung hat. Der Anteil von Homosexualität in the general population liegt in Europa, in England, Spanien, Österreich und Deutschland bei 6 - 7 Prozent. (Jetzt Zeitung, Trans. Veit) In den deutschen Städten sogar bei 22 Prozent. Die Zielgruppe müsste demnach eine Relevanz darstellen. Nach dem Buch ‘Putting on Appearances’ liegt dies vor allem an den 4 Punkten, die zur Bestimmung der Verbraucher Zielgruppe verwendet werden. Diese vier Punkte sind (1) identifiable, (2) accessible, (3) measurable, and (4) profitable, die (Astroff 1989) definiert hat. Im Buch schreibt Barthel (p. 47) in Bezug auf die homosexuelle Zielgruppe “ The problem is that advertisers do not know enough about the consumer”.

Ein weiteres Problem stellt die schwierige Berechenbarkeit und die Angst, heterosexuelle Kunden zu verlieren. Doch auch hier tasten sich vor allem Mainstream Marken vor. In sogenannten ‘mainstream media campagnes’ lassen sich immer wieder gleichgeschlechtliche Paare finden. Warum sich jedoch der Wandel nur sehr zögerlich beobachten lässt, liegt wohl vor allem daran, dass Sexualität in der Werbung lange Zeit ein Tabuthema war und sogar die sexuelle Lust als etwas Negatives dargestellt wurde. Eine weitere Hürde, die Werbetreibende abzuschrecken scheint, ist die ‘Discrimination in law and religion’. Diese Angriffe, die immer wieder gegen Homosexuelle zielen, führen dazu, dass die Werbung die Botschaften nur in einer kodierten (verdeckten) Form einsetzt, um diese Zielgruppe zu erreichen.

CONGLUTION

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Geschlechterrollen hauptsächlich durch das ‘social environment’ bestimmt werden, (Eisend 2009 p.419) welches von der Werbung geprägt, beeinflusst oder gefestigt wird. Seit den Frauenbewegungen hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch politisch viel verändert. Die meisten westlichen Nationen haben längst das Ziel der Gleichstellung ausgesprochen, welches sich in der Abneigung veralteter Rollenbilder in der breiten Gesellschaft widerspiegelt. Diese Abneigung und die Stimme nach mehr Gleichberechtigung führt allmählich zu einer Angleichung.

Stereotypen, die uns zur Orientierung dienen, werden auch in Zukunft bestehen. Hierbei werden allerdings auch durch gute Kommunikationsdesigns, Stereotypen entstehen, wie ‘der Hausmann der mit den Kindern spielt’ oder ‘Die Frau die das Geld nach Hause bringt’ bis zu dem ‘Kind das mit seinen zwei Müttern/Vätern spielt’. Hier sehe ich uns kreative Menschen in der Verantwortung zu einem gesellschaftlichen Fortschritt, frei von Diskriminierung, Sexismus oder Homophobie, beizutragen. Basierend auf dem grundlegenden Menschenrecht auf Chancengleichheit, unabhängig von Geschlecht, Rasse oder Alter. Warum also sollte in Zukunft nicht auch in der werblichen Kommunikation ein transsexueller Elternteil z. B. bekannte Personen mit transsexuellem Hintergrund, zu sehen sein?


Nicht nur der Aufschrei, auch die Wirkung wäre enorm.